Notdienst sichern – keine Parallelstrukturen neben den Apotheken!
Klare Position zur Reform der Notfallversorgung
Mit großer Sorge betrachtet die Apothekerschaft die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Reform der Notfallversorgung. Vorgesehen ist, in unmittelbarer Nähe der neuen Integrierten Notfallzentren (INZ) zusätzliche Strukturen für die Arzneimittelversorgung aufzubauen – und diese auch noch über den Nacht- und Notdienstfonds der Apotheken zu finanzieren.
Damit würde ein funktionierendes, bewährtes und gesetzlich klar geregeltes System geschwächt – anstatt es sinnvoll in die Reform einzubetten.
Die bundesweite ABDA-Stellungnahme und die vorangegangene Pressemitteilung lassen keinen Zweifel daran:
Der Apotheken-Notdienst ist tragende Säule der Akutversorgung. Die Einführung paralleler Angebote ist unnötig, teuer und gefährdet die Versorgung im ländlichen Raum.
Im Folgenden stellen wir die Position der Apothekerschaft klar heraus.
1. Die Apothekerschaft begrüßt ausdrücklich:
✔ Bessere Verzahnung der ambulanten und stationären Notfallversorgung
Wir unterstützen das Ziel der Reform: Akutversorgung sollte sektorübergreifend gedacht werden. Insbesondere die Abstimmung zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen, Notaufnahmen und Apotheken kann Doppel- und Fehlinanspruchnahmen vermeiden. Das gilt gerade in einem Flächenland wie Thüringen.
✔ Bessere Information der Bevölkerung über dienstbereite Apotheken
Eine verbesserte digitale Information – sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für die ärztlichen Notdienste – ist sinnvoll und stärkt die Akutversorgung unmittelbar.
✔ Einbindung der Apothekerkammern in die regionale Strukturplanung
Die Apothekerkammern verfügen über die notwendige Expertise und Kenntnis der Versorgungslage. Bei Landesgremien und regionalen Planungseinheiten müssen sie beteiligt werden.
2. Was wir entschieden ablehnen
✘ Keine Parallelstrukturen neben bestehenden Notdienstapotheken
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass INZ eigene, vertraglich gebundene Apothekenstrukturen in „unmittelbarer Nähe“ erhalten. Das hätte schwerwiegende Folgen:
- Patientinnen und Patienten würden in großer Zahl direkt am INZ versorgt – die übrigen Notdienstapotheken werden dadurch entleert.
- Die flächendeckende Notdienstbereitschaft verliert wirtschaftliche Grundlage.
- Das System der gleichmäßig verteilten Dienstbereitschaft, das heute alle Apotheken tragen, würde ungerecht verzerrt.
- Bestehende Apotheken, insbesondere im ländlichen Raum, würden geschwächt – mit Risiko für Schließungen.
✘ Finanzierung über den Nacht- und Notdienstfonds ist inakzeptabel
Der Fonds dient der Entlastung aller Apotheken für ihren verpflichtenden Notdienst – nicht der Finanzierung zusätzlicher politischer Projekte.
Berechnungen zufolge würden die Zuschüsse für reguläre Notdienste um rund 10 Prozent sinken. Das gefährdet unmittelbar die heute schon angespannte wirtschaftliche Lage vieler Notdienstapotheken.
✘ Unnötige Eingriffe ins Apothekenrecht
Der Entwurf schafft zahlreiche Sondertatbestände – von einer „zweiten Offizin“ bis hin zu Sonderöffnungszeiten. Diese Eingriffe:
- sind nicht erforderlich,
- führen zu Widersprüchen mit anderen geplanten Verordnungsänderungen,
- und stellen die Systematik des Apothekenrechts infrage.
Das bestehende System kann ohne gesetzliche Eingriffe die Versorgung für INZ-Abgänger sicherstellen – wenn die Apothekerkammern einbezogen werden.
3. Was die Apotheken heute schon leisten
Allein 2024 haben die Apotheken in Deutschland rund 380.000 Notdienste erbracht.
Pro Nacht- und Notdienst sind etwa 1.000 Apotheken im Einsatz – sie versorgen über 20.000 Menschen täglich.
In Thüringen wird die Notdienstbereitschaft durch die Landesapothekerkammer organisiert. Jede diensthabende Apotheke stellt sicher:
- jederzeitige Versorgung mit dringend benötigten Medikamenten,
- Beratung durch pharmazeutisches Fachpersonal,
- Verantwortung durch die jeweiligen Apothekenleiterinnen und -leiter.
Der überwiegende Teil der Patientinnen und Patienten kommt ohne vorherigen Arztkontakt direkt in die Notdienstapotheken. Diese niedrigschwellige Versorgung darf nicht gefährdet werden.
4. Unsere Forderungen an die Politik
1. Kein Abbau funktionierender Strukturen
Das flächendeckende Apothekennetz ist Voraussetzung für Arzneimittelversorgung rund um die Uhr.
2. Keine Finanzierung neuer Strukturen aus dem Notdienstfonds
Die Mittel müssen den regulären Notdienst stärken – nicht schwächen.
3. Einbindung der Apothekerkammern bei INZ-Planung und Arzneimittelversorgung
Es braucht keine zweite Infrastruktur, sondern eine koordiniert genutzte bestehende.
4. Konzentration auf echte Verbesserungen
Wie insbesondere:
- Datenaustausch verbessern
- Notdienstinformationen zentral bereitstellen
- Zusammenarbeit zwischen KV, Kliniken und Apotheken stärken
Alles davon ist möglich ohne Parallelstrukturen und ohne Eingriffe ins Apothekenrecht.
Fazit
Der Apothekerschaft spricht sich klar für eine starke, integrierte Notfallversorgung aus – aber gegen die Schaffung unnötiger, kostspieliger und gefährlicher Doppelstrukturen. Die Apotheken vor Ort sind und bleiben ein unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge. Eine Reform, die diesen Pfeiler schwächt, gefährdet die Patientensicherheit.
Wir stehen bereit, an einer sinnvollen Weiterentwicklung des Notdienstes mitzuwirken – nicht aber an seinem Abbau.

